Ballett Theater Pforzheim: "Wir sind die einen"
Tänzerischer Beitrag des Balletts Theater Pforzheim zur Ausstellung "Schöngeschrieben - Schmuck, Zeichen- und Druckkunst" anlässlich des Reuchlinjahrs der Stadt Pforzheim
Konzept: Francisco Ladròn de Guevara Rodríguez und Stella Covi
Tanz: Mei Chen, Stella Covi, Francisco Ladròn de Guevara Rodríguez
Johannes Reuchlin lebte eine große Wertschätzung für Sprachen. Diese Wertschätzung siganlisierte nicht nur seine hohe Toleranz und sein Bedürfnis nach friedlicher Verständigung, sondern auch sein immenser Respekt für den Wissensschatz, der aus ihnen geborgen werden kann. Jede Sprache eröffnet ein eigenes Universum an Bedeutungen, bietet Möglichkeit, die Welt zu ›lesen‹. Sie bilden Kulturformen des Umgangs mit sich und der Umwelt. Nach Clifford Geertz kann Kultur selbst als ›Text‹ aufgefasst werden. Mehr denn je verlangt unsere heutige Zeit mit ihren pluralistischen Gesellschaften eine Mehrsprachigkeit des einzelnen auf verschiedenen kulturellen Ebenen.
„Die Flüssigkeit wird statisch und die wichtigen Dinge werden nutzlos“
In der Tanzperformance für drei Tänzer „Wir sind die einen“ wird der Körper zum sagenden Zeichen in Raum und Zeit jenseits der Wortsprache. So wie der Schmuck Symbol und Kontext darstellt für zu übermittelnde Bedeutungen, Bekenntnisse und Gelöbnisse, bilden Raum und Erfahrungen einen Bezugsrahmen, in dem der Körper agiert und sich behaupten muss.
In „Wir sind die einen“ erkunden De Guevara Rodríguez und Stella Covi, wie sich dieses Zusammentreffen von Körper und Kontext gestaltet – mal als Aufeinanderprellen, mal als widerständiger Akt, sich nicht einfügen oder entspannen zu können, mal als verzweifelter Versuch zu überleben, während die Körper mit unzähligen Hindernissen, lose werdenden Strukturen und instabilen Verhältnissen kollidieren oder aber nicht genügend Hilfsmittel zur Verfügung haben, um mit diesem spezifischen Kontext umzugehen. Als choreografisch-performatives Projekt stellt „Wir sind die einen“ drei Körper somit auf widersprüchliches Terrain. Sie verwickeln und entwickeln sich in einem komplexen Netz, in das alles passt, das sie aber nicht umfasst. Aus existenzieller Perspektive wird „Wir sind die einen“ zum sinnlichen Abbild eines Gedankenganges in unsicheren Zeiten.