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Das Reuchlinhaus

Das Reuchlinhaus, in dem sich das Schmuckmuseum befindet, ist ein architektonisches Juwel und quasi selbst Exponat. Es wurde 1961 nach Entwürfen des Architekten Manfred Lehmbruck errichtet und ist ein Gesamtkunstwerk im International Style, das an die Baukunst Ludwig Mies van der Rohes erinnert.

Ursprünglich war es als Kulturzentrum der Stadt Pforzheim geplant und beherbergte neben dem Schmuckmuseum auch Stadtarchiv, Heimatmuseum, Bücherei und Kunstverein. Heute sind ausschließlich Schmuckmuseum und Kunstverein noch dort. 2006 wurde das Schmuckmuseum nach umfangreicher Umgestaltung und Erweiterung der Ausstellungsfläche in dem denkmalgeschützten Gebäude wiedereröffnet.

Mehr zur Geschichte des Reuchlinhauses

1961 wurde das Reuchlinhaus als städtisches Kulturzentrum eingeweiht. Das Gebäude in der Formensprache des »International Style« vereinigte Kunstgalerie, Bibliothek, Museum und Ballsaal in einem Ensemble aus vier kubischen Baukörpern. Nach Entwürfen von Manfred Lehmbruck (1913-93), Sohn des Bildhauers Wilhelm Lehmbruck, entstand im ausgebombten Stadtzentrum Pforzheims ein Gebäude, dessen Konzept der Architekt selbst folgendermaßen umschreibt: »Malerei, Plastik, Kunstgewerbe, das geschriebene und gesprochene Wort sowie Kammermusik sollen hier ihre Heimstatt finden. Zur Fertigstellung erhielt es den Namen des berühmtesten Sohnes der Stadt, des humanistischen Gelehrten, Schriftstellers und Juristen Johannes Reuchlin (1455-1522)«.

Es ist das erste Projekt, bei dem Lehmbruck seine wissenschaftlichen Forschungen zu Museumsbauten in die Praxis umsetzte, und verhalf ihm zu seinem architektonischen Durchbruch. Der Architekt gestaltete jeden Baukörper in Bezug auf das, was darin präsentiert werden sollte: Das Gebäude des Heimatmuseums verkleidete er mit Sandstein aus dem Schwarzwald, die Außenhaut des Schmuckmuseums formte er aus Aluminium und Glas, die Ausstellungshalle des Kunstvereins erhielt eine Stahl-Glas-Konstruktion, die Stadtbücherei einen verglasten Betonbau. Herzstück des Reuchlinhauses ist die Eingangshalle. Von hier aus kann man den Blick in den umgebenden Stadtgarten schweifen lassen und Kultur und Natur miteinander in Verbindung bringen. Über die freitragende Stahl-Wendeltreppe gelangt man ins untere Foyer mit Vortragssaal, Galerie zum Hof und dem Hof selbst mit Wasserbecken und Kaskade.

Nachdem Manfred Lehmbruck seinen Vater als Kind früh verloren hatte, war es Ludwig Mies van der Rohe, der sein Interesse für moderne Baukunst weckte. Deutlich auf den Barcelona-Pavillon anspielend, setzte Lehmbruck diesem mit dem Reuchlinhaus ein Denkmal. Auf Vermittlung von Mies assistierte der junge Architekt zudem zeitweise bei Auguste Perret in Paris, wo er die Inspirationsquelle für seine Wendeltreppe fand.

Im Lauf der Zeit änderte sich die Nutzung des Reuchlinhauses. In den 1980er Jahren wechselte das Heimatmuseum in eigene Räumlichkeiten, in den 90ern zog die Stadtbücherei aus. Seit März 2006, nach dem sensiblen Umbau dieser beiden Trakte des denkmalgeschützten Gebäudes durch das Architekturbüro HG Merz, kann das Schmuckmuseum Pforzheim seine hochkarätige Sammlung viel großzügiger präsentieren. Im »alten« Schmuckmuseum sind historische Stücke von der Antike bis zum Historismus zu sehen. Hier sind als Dauerleihgabe von der Sparkasse Pforzheim Calw zudem Taschenuhren aus der Sammlung des Pforzheimer Uhrenfabrikanten Philipp Weber hinzugekommen. Die einstige Bücherei beherbergt Schmuckkunst des 20. und 21. Jahrhunderts, vom Jugendstil bis heute, sowie Raum für Sonderausstellungen. Im früheren Heimatmuseum finden die Besucher nun ethnografischen Schmuck aus der Sammlung Eva und Peter Herion.