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Fritz Falk - Wegbereiter eines international renommierten Museums

Der Goldschmiedemeister und promovierte Kunsthistoriker Fritz Falk (1939 - 2020) begann 1969 seine Karriere als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Schmuckmuseum. 1971 wurde er dessen Leiter und blieb es bis zum Beginn seines Ruhestands 2004. Er hat dieses Haus über dreißig Jahre geprägt und seine Sammlung zu einem weltweit einzigartigen Spezialmuseum ausgebaut. Möge die Erinnerung an ihn wachbleiben.

Nachruf

Über 35 Jahre das kulturelle Leben Pforzheims mitgeprägt

Meldung vom 24. April 2020: Das Schmuckmuseum Pforzheim trauert um seinen ehemaligen Leiter Dr. Fritz Falk. Der Goldschmiedemeister und promovierte Kunsthistoriker prägte das kulturelle Leben der Stadt über 35 Jahre maßgeblich mit. Durch seine Sammlungspolitik legte er den Grundstein für das, was die Bestände des Hauses als renommiertes Museum für Schmuckkunst heute ausmacht, und er begründete dessen internationalen Ruf.

Fritz Falk begann seine Karriere als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Schmuckmuseum 1969 und wurde 1971 dessen Leiter. Seit dieser Zeit ist es Falk gelungen, die Pforzheimer Sammlung zu einem weltweit einzigartigen Spezialmuseum auszubauen, dessen Exponate von London bis Sankt Petersburg, von Paris bis Tokio als exquisite Leihgaben gefragt sind. Antike, Renaissance und Jugendstil waren zweifellos die Schwerpunkte seiner leidenschaftlichen Sammeltätigkeit, daneben war ihm der moderne, zeitgenössische Schmuck stets ein besonderes Anliegen. Seit den 1970er Jahren fanden im Schmuckmuseum Pforzheim zahlreiche Sonderausstellungen zu diesem Thema statt. Die »Ornamenta I« im Jahr 1989 als Gesamtschau des seinerzeit aktuellen internationalen Schmuckschaffens bildete den glanzvollen Höhepunkt.

Auf dem Gebiet der historischen Schmuckkunst kuratierte er wichtige Ausstellungen zu Jugendstil oder Renaissance; ebenso zeigte er Schauen mit Schmuck außereuropäischer Kulturen.

Durch die guten Kontakte des international geschätzten Experten zu den wichtigsten Museen der Welt gelang es, kostbare Schmuckstücke nach Pforzheim zu holen oder Teile der Sammlung weltweit zu präsentieren, etwa innerhalb Europas, in Australien, Japan oder Russland.

Auch wenn die Ära Falk 2004 im Schmuckmuseum nach 35 Jahren zu Ende ging, bestand die Verbindung weiter. 2011 kuratierte er im Jubiläumsjahr »50 Jahre Reuchlinhaus« die Ausstellung »Serpentina – die Schlange im Schmuck der Welt«, 2016 dann »Himmlisch – Sonne, Mond und Sterne im Schmuck«. Für 2022 war eine Schau mit dem Arbeitstitel »Alles, was fliegt« geplant. Über solche Projekte hinaus gab es einen engen Kontakt, auch in Einzelfragen war sein Wissen immer wieder gefragt.

In den Jahren von 1997 bis zu seinem Ausscheiden arbeitete er mit Cornelie Holzach zusammen, die 2005 seine Nachfolgerin wurde. »Fritz Falk setzte sich sehr dafür ein, dass ich die gemeinsame Linie als Leiterin fortsetzen konnte«, erinnert sie sich. »Über sein Sterben bin ich unendlich traurig. Wir waren einander freundschaftlich verbunden und haben, auch mit den anderen Kolleginnen, seinen 80. Geburtstag gemeinsam gefeiert.«

Fritz Falk war Ehrenmitglied der Worshipful Company of Goldsmiths, London, und Konsultant des Russischen Museums für Ethnografie Sankt Petersburg. Er war Jurymitglied bei zahlreichen Wettbewerben moderner Schmuckkunst in verschiedenen Ländern Europas, in Japan und Russland sowie Jurymitglied bei Kunst- und Antiquitätenmessen in Amsterdam, Basel, Frankfurt, Hannover, Hamburg und München.

Er starb in der Nacht zum 23. April nach kurzer schwerer Krankheit.

Beileidsbekundungen aus aller Welt

Society of Jewellery Historians

Dr. Jack Ogden, President | Richard Edgcumbe, Victoria & Albert Museum | Judy Rudoe, British Museum | David Beasley, former Librarian, Goldsmiths' Company | Katherine Purcell, Joint Managing Director, Wartski | Beatriz Chadour-Sampson, jewellery historian

Jan Walgrave

Ehemaliger Direktor des Diamantmuseums in Antwerpen

Vladimir Kornev

Dolmetscher

Joaquim Capdevila

Schmuckkünstler

Ph.D. Robert K. Liu

Mitherausgeber des Magazins "Ornament"

Geschichten und Anekdoten

Es war (nicht) alles Gold, was glänzt!

Erinnerungen an ein Leben mit und für den Schmuck

Eigentlich sollte es ganz anders kommen: Als Enkel und Sohn von Pforzheimer Schmuckherstellern – der Großvater Heinrich Falk hatte 1897 zusammen mit seinem Bruder Friedrich (Fritz) die Schmuckwarenfabrik Gebrüder Falk gegründet, der Großvater Hermann Hottinger etablierte zusammen mit seinem Partner Theodor Held in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts die Juwelenmanufaktur Hottinger & Held – war es geradezu zwangsläufig vorgegeben, dass ich (geboren im Jahre 1939 in Pforzheim als Sohn von Annelis, geborene Hottinger, und Max Falk, meine Schwester Barbara wurde 1942 geboren) in die Fußstapfen der Vorfahren treten sollte, um die nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem Namen Hermann Hottinger neubegründete »Fabrikation feiner Juwelen« in der dritten Generation  weiter zu führen. Nach dem Abitur im Jahre 1958 erfolgte eine Goldschmiedelehre (begleitet von einem Gaststudium an der Kunst+Werkschule Pforzheim bei Reinhold Reiling, Karl Schollmayer und Curt Rothe), die 1961 mit der Gesellenprüfung und vier Jahre später mit der Meisterprüfung abgeschlossen wurde.

Auf dem Weg ins Schmuckmuseum

Nach kürzeren und längeren Arbeitsaufenthalten in Schmuckwerkstätten in Luxemburg, der Schweiz und in London (dort in dem Juwelenatelier von Salomon Stellman in Hatton Garden) und zum Leidwesen der Eltern, die zumindest anfänglich die Entscheidung gegen einen Eintritt in das damals noch florierende  Familienunternehmen nicht gerne sahen, folgte in den Jahren 1964 bis 1967 eine Tätigkeit als Assistent des Direktors der Kunst + Werkschule Pforzheim, des Metallbildhauers und hervorragenden Pädagogen Karl Schollmayer.

Während dieser Zeit bauten sich erste Kontakte auf zu Hermann Wahl, dem Leiter des Schmuckmuseums Pforzheim im Reuchlinhaus, der im Jahre 1965 zur Vorbereitung und Durchführung des »Ersten Internationalen Schmuckwettbewerbs des Schmuckmuseums Pforzheim« vorübergehend einen Mitarbeiter benötigte. Schollmayer »lieh« seinen Assistenten an das Schmuckmuseum aus. In der Folge schlug Hermann Wahl dem damaligen Pforzheimer Oberbürgermeister Johann Peter Brandenburg vor, mich, der ich seit 1964 mit der Bonner Goldschmiedin Monika Backhausen befreundet war (die Hochzeit fand 1967 statt, die Trennung von Monika erfolgte als Folge der seit 1995 bestehenden Verbindung mit Anna Ratnikova, Kuratorin für Schmuck am Staatlich-Russischen Museum für Ethnographie Sankt Petersburg, die offizielle Scheidung dann 2007, Monika starb im Januar 2013), als möglichen Nachfolger in der Position des Museumsleiters »aufzubauen«.

Studien der Kunstgeschichte, der klassischen Archäologie und der Historischen Hilfswissenschaften (Heraldik, Numismatik etc.) an den Universitäten München und Tübingen wurden 1972 mit einer Magna-cum-Laude-Promotion abgeschlossen. Titel der vom damaligen Direktor des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg, Erich Steingräber, angeregten und von Günter Bandmann in Tübingen als Doktorvater betreuten Doktorarbeit ist »Edelsteinschliff und Fassungsformen im späten Mittelalter und im 16. Jahrhundert – Studien zur Geschichte der Edelsteine und des Schmuckes«. Die Arbeit erschien 1975 beim Kempter-Verlag in Ulm im Druck.

Seit Herbst 1969 – anfänglich nur mit Kurzverträgen – war ich im Schmuckmuseum Pforzheim ganztägig beschäftigt, die Dissertation wurde an den Abenden und in den Nächten vorbereitet und fertiggestellt. Die Leitung des Museums wurde mir mit einem unbefristeten Vertrag im Jahre 1971 übertragen. In den Jahren bis zum altersbedingten Eintritt in den »Ruhestand« habe ich nach Aussage von OB Joachim Becker (anlässlich einer Feierstunde für den ehemaligen Kulturbürgermeister Fritz Wurster am 12. Februar 2012) »das Schmuckmuseum zu Weltruf geführt«.

Auf dem Weg zu einer Sammlung mit Weltruf

Aus eher bescheidenen Anfängen (der ehemalige Art Director der Goldsmiths' Hall in London, Graham Hughes, bezeichnete in der Mitte der 1960er Jahre die Pforzheimer Sammlung als eine »quite nice collection« (!)), konnte in der Zwischenzeit ein Schmuckbestand aufgebaut werden, der den Vergleich mit so berühmten Schmucksammlungen wie die des Musée des Arts Décoratifs in Paris und des Victoria & Albert Museums in London nicht zu scheuen braucht. Zeugnis hierfür legen nicht nur die zahlreichen Leihanfragen vieler großer und kleiner Museen in aller Welt ab.

Mit viel Glück, einigem Sachverstand  und vor allem mit der all die Jahre andauernden Unterstützung vieler Kolleginnen und Kollegen im In- und Ausland (von denen viele richtige Freunde geworden sind), in der Zusammenarbeit mit Kunst- und Antiquitätenhändlern in aller Welt, mit Privatsammlern, mit öffentlichen Mitteln sowie mit Spendern und Sponsoren, durch die früher mögliche Erwerbung besonders wichtiger Stücke, die die Möglichkeiten der kommunalen Museen überschritten und deshalb vom Land Baden-Württemberg gekauft und dann als Dauerleihgaben den jeweiligen Museen überlassen wurden, und mit Hilfe der Werner-Wild-Stiftung konnte der Schmuckbestand des Museums wesentlich erweitert werden. Auf diese Weise kamen u.a. der goldene »dress fastener« aus Irland und der um 1400 in Burgund entstandene Reliquiar-Anhänger nach Pforzheim; der große Brustschmuck »Poisson« von Georges Fouquet wurde von der Kunststiftung der Sparkasse Pforzheim erworben und anlässlich der Einweihung des so genannten »Daum-Towers« als Dauerleihgabe dem Schmuckmuseum überlassen).

Durch ein großes Maß an Freude und Leidenschaft an und mit der Arbeit (die meine langjährige Mitarbeiterin Heide Nies und die anderen Kollegen mit mir teilten) ist  das Schmuckmuseum Pforzheim, sowohl was die historische als auch die Sammlung der zeitgenössischen Schmuckkunst betrifft, über die Jahrzehnte so gewachsen, dass ich das Museum im Februar 2004 meiner Nachfolgerin Cornelie Holzach mit einem guten Gefühl und auch mit etwas Stolz übergeben konnte.

Sonderausstellungen mit internationalem Anspruch

Neben der erfolgreichen Erwerbungstätigkeit war es vornehmlich die Durchführung von Sonderausstellungen (durchschnittlich drei bis vier pro Jahr), die den internationalen Ruf des Schmuckmuseums festigte.

Im Wesentlichen spielte sich die Ausstellungstätigkeit auf vier Ebenen ab: Präsentationen zu historischen Themen (weit gefächert vom »Schmuck aus Persien« aus der Sammlung der amerikanischen Händlerin Patti C. Birch über »Gold aus Griechenland« aus dem Benaki-Museum Athen bis zu »Preziosen der Barockzeit« und zu »René Lalique – Schmuckkunst um 1900«, die 1987 weitestgehend – mit über 60 bedeutenden Leihgaben – aus den Beständen der Gulbenkian-Stiftung in Lissabon zusammengestellt worden war (was im Jahre 1988 zur Einladung zum Staatsbankett durch Bundespräsident Richard von Weiszäcker anlässlich des Staatsbesuchs des portugiesischen Staatspräsidenten auf Schloss Brühl bei Bonn führte). Die Ausstellung »Idol und Ideal – das Bild des Menschen im Schmuck der Renaissance« im Jahre 1997 war mit Leihgaben aus acht europäischen Ländern einschließlich Russland zusammengestellt. Ebenfalls aus Russland, aus der Eremitage Sankt Petersburg, kam 1995 die Ausstellung »Zarengold«, speziell für das Schmuckmuseum zu Ehren des zu Ende des 18. Jahrhunderts in Petersburg gestorbenen Pforzheimer Schmuck-»Managers« Johann Jakob Ador von Olga Kostjuk organisiert, nach Pforzheim.

Zum Bereich ethnologisch-ethnographischer Themen gehörte beispielsweise die Zusammenarbeit mit dem Museum of the American Indian in New York (»Silberschmuck nordamerikanischer Indianer«), die Kooperation mit der japanischen Sammlerin (und ehemaligen Geisha) Okasaki – »Zierkämme und ornamentaler Haarschmuck aus Japan«, »Volkstümlicher Schmuck aus Italien« aus dem Museo Nazionale delli Arti e Tradizioni Popolari in Rom, und – besonders bemerkenswert – die Ausstellung  »Schatzkammer der Zarenvölker« aus dem Russischen Museum für Ethnographie Sankt Petersburg im Jahre 1990.

Ausstellungen zur modernen Schmuckkunst auf internationaler Ebene, sowohl als Einzelausstellungen individuell arbeitender Künstler und Künstlerinnen – beispielsweise David Watkins und Wendy Ramshaw aus London, Otto Künzli und Therese Hilbert aus München, Peter Skubic aus Österreich, Reinhold Reiling, Klaus Ullrich und Rüdiger Lorenzen aus Pforzheim, um nur einige zu nennen – als auch Gruppenpräsentationen zum Beispiel aus Israel, Japan, den USA, aus Korea, Italien, Polen, Katalonien und manchen anderen Ländern. Dazu kamen Überblickausstellungen wie die Reihe der „Tendenzen“ und als Krönung die »Ornamenta 1« im Jahre 1989.

Der vierte Bereich umfasste kunsthandwerkliche Gegenstände, die nicht unmittelbar Schmuckstücke sind, beispielsweise reich verzierte Fingerhüte von der Antike bis zur Gegenwart aus einer Londoner Privatsammlung, Spardosen aus Gold und Silber aus der Sammlung eines Wiener Geldinstituts, ebenso aus Wien kam die Ausstellung »Ballspenden«, unter dem Titel »... und wessen Hund bist Du?« reich geschmückte Hundehalsbänder aus einer irischen Privatsammlung und auch zierlich verzierte Fächer aus dem Salzburger Museum Carolino Augusteum.

Leihgaben in aller Herren Länder

Zu den den Bekanntheitsgrad des Schmuckmuseums Pforzheim fördernden Maßnahmen gehörte auch die Präsentation von Auswahlen aus der Pforzheimer Sammlung in anderen Museen und Kulturinstitutionen sowohl in Deutschland als auch in aller Welt. Bemerkenswerte Aktivitäten dieser Art waren neben vielen anderen bereits zu Beginn der 1970er Jahre die Ausstellung von »Pforzheimer« Schmuck im Kunstgewerbemuseum Berlin (damals noch im Schloss Charlottenburg), 1977 in der Kulturabteilung des Tokioter Kaufhauses Odakyu und direkt daran anschließend in der National Gallery of Victoria in Melbourne. Besonders erfolgreich waren auch die Ausstellungen des Schmuckmuseums Pforzheim beispielsweise in der Goldsmiths' Hall in London, im Musée des Beaux Arts in Nancy und im Ethnographischen Museum (zweimal) und in der Eremitage in Sankt Petersburg!

Internationale Projekte

Während all der vielen Jahre als Leiter des Schmuckmuseums Pforzheim war ich als Sachverständiger und Jury-Mitglied gefragt bei Kunst- und Antiquitätenmessen und international ausgeschriebenen Wettbewerben sowohl für modernen als auch in Bereichen des alten Schmucks. In diesen Zusammenhängen wirkte ich sowohl in Danzig und Legnica  als auch in Tokio, in Amsterdam, Basel und Wien, in Frankfurt, Hannover und München, in Sankt Petersburg und in Warschau. 1976 habe ich auf Einladung des World Crafts Council anlässlich dessen Konferenz in Oaxtepec südlich von Mexico City ein mehrtägiges Seminar zum Thema »Human Imagery in Jewellery« durchgeführt. Zusammen mit Monica Gaspar aus Barcelona kuratierte ich 2004 im Auftrag einer katalanischen Bank eine Schmuckausstellung in Palma de Mallorca. Von 1973 bis in die Mitte der 1980er Jahre war ich offizieller Berater des Gold- and Silversmithing Departmemt der Bezalel Academy in Jerusalem, was zu vielen intensiven Besuchen Israels führte.

In Anerkennung meiner Tätigkeiten für den Schmuck und für die internationale Akzeptanz des Schmuckmuseums Pforzheim im internationalen Konzert der Museen wurde ich zum Associate Member der Worshipful Company of Goldsmiths in London ernannt und als Paul-Harris-Fellow vom Rotary Club Pforzheim geehrt.

Doch nicht immer hat alles so geklappt, wie es geplant war. Es gab Erfolge und Niederlagen, erfreuliches Gelingen und trauriges Scheitern gleichermaßen.

Die wohl größte Enttäuschung war der Fall des Schlangenarmreifs der Sarah Bernhardt, von Alphonse Mucha entworfen und im Atelier des Georges Fouquet in Paris ausgeführt. An anderer Stelle habe ich das Bemühen, den Kampf und schließlich die Niederlage ausführlich geschildert (»Monsieur P., Mister M. und der Schlangenarmreif der Sarah B.«). Die erwünschte Erwerbung manchen Schmuckstücks war nicht möglich geworden, da die Mittel nicht zur Verfügung standen, trotz eifrigen Bemühens und hartnäckiger Verhandlungen.

Auch die Angelegenheit  mit dem deutsch-französischen Künstler und Sammler Barlach Heuer und seiner Frau Laurence muss letztlich in die Kategorie »Niederlagen« eingeordnet werden. Zwar fand die mit den Heuers und dem Pariser Kunsthändler Félix Marcilhac organisierte Ausstellung »Art Déco – Schmuck und Bücher aus Frankreich« im Jahre 1975 im Schmuckmuseum Pforzheim und anschließend im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg statt, die vorgesehene Übergabe aller Schmuckstücke und Zigarettendosen, u.a. von Fouquet, Dunand, Miklos und Templier als Dauerleihgaben an das Schmuckmuseum Pforzheim fand aus unglücklichen Umständen schließlich nicht statt. Für die Ausstellung war ein Katalog vorgesehen, zu dem Barlach Heuer, von mir erbeten, einen Beitrag schreiben sollte. Der Text, den Heuer vorlegte, konnte nicht nur meiner Meinung nach so nicht gedruckt werden; auch Axel von Saldern als Direktor des Hamburger Museums war der Ansicht, dass Heuers schwülstiger und auch viel zu langer Beitrag entscheidend – von Heuer selbst oder von einer anderen Person – überarbeitet und gekürzt werden müsse. Heuer widersetzte sich, und so wurde sein Beitrag völlig aus dem Katalog herausgenommen. Dies hatte zur Folge, dass die Leihgaben-Absicht nicht realisiert wurde, die Stücke gingen wieder nach Paris zurück! (Viele Jahre später wurde die Sammlung versteigert und in alle Winde zerstreut.)

Auch das eine oder andere geplante Ausstellungsprojekt konnte nicht realisiert werden, so beispielsweise „Vom Gold der Pharaonen“, eine Ausstellung, die letztlich daran scheiterte, dass es unmöglich geworden war, Leihgaben aus dem Ägyptischen Nationalmuseum Kairo zu bekommen, und auch das Vorhaben »Gold der Etrusker«, das trotz der Leihbereitschaft mehrerer italienischer Museen (Florenz und Rom) durch die Weigerung der italienischen Regierung,, Leihgaben außer Landes zu geben, scheiterte. (Auch die Unterstützung durch Staatsminister Lutz Stavenhagen, der sich bei  dem italienischen Ministerpräsidenten Andreotti für das Schmuckmuseum Pforzheim einsetzte, führte zu keinem Erfolg).

Im Februar 2004 wurde ich – nach insgesamt fast 40-jähriger Tätigkeit für das Schmuckmuseum – in den allerdings recht lebendigen »Ruhestand« (unter anderem geprägt durch die ehrenamtliche Tätigkeit als Konsultant für das Staatlich-Russische Museum für Ethnographie Sankt Petersburg und die weiterhin sehr enge Verbindung mit dem Schmuckmuseum) verabschiedet. Im Rahmen der zum 50-jährigen Bestehen des Schmuckmuseums Pforzheim im Reuchlinhaus im Jahre 2011 durfte ich die sehr positiv aufgenommene Jubiläumsausstellung »Serpentina – die Schlange im Schmuck der Welt« vorbereiten und zusammen mit den jetzt Verantwortlichen durchführen.

Fritz Falk, Oktober 2018

Das Schmuckmuseum Pforzheim und die weite Welt

Internationale Beziehungen aufzubauen und zu pflegen und dadurch einen entsprechenden Status für das Schmuckmuseum Pforzheim zu erreichen, waren Aufgaben und Ziele, die ich mir für unser Museum gesetzt hatte. Nicht nur mit Schmuckkünstlern in den verschiedensten Ländern Kontakte zu pflegen und eventuell deren Arbeiten für die moderne Sammlung zu erwerben, nicht nur mit renommierten Händlern beispielsweise in Deutschland, in der Schweiz, in London, Paris, Amsterdam, New York und anderswo Verbindungen anzuknüpfen und über viele Jahre zu halten, um dadurch die historische Sammlung zu erweitern und zu bereichern! Es war auch mein Anliegen, mit  Museen, mit Kunst- und Handwerksorganisationen und mit öffentlichen Institutionen so zusammenzuarbeiten, dass möglichst viele Vorteile für das Schmuckmuseum Pforzheim daraus gewonnen werden konnten.

Japan

Oft waren es Personen und Institutionen aus dem Ausland, die den Kontakt mit uns suchten, oft waren es auch unsere eigenen Aktivitäten, die zu erfolgreichen Kooperationen führten. Die Schmuckmacher Keiko und Hidero Yamahara aus Tokio beispielsweise machten zu Beginn der 1970er Jahre einen Besuch in Pforzheim; neben einer daraus entstehenden persönlichen Freundschaft erwuchsen daraus die Möglichkeiten zu Ausstellungskooperationen in beiden Richtungen: Exponate aus der Pforzheimer Sammlung wurden in den folgenden Jahren mehrfach in Japan gezeigt (Tokio, Kyoto, Kobe, Osaka), mit unterschiedlichen Partnern wie beispielsweise der Kulturabteilung eines großen Tokioter Department Stores, mit Mikimoto, mit den Organisatoren der Internationalen Blumen- und Blüten-Ausstellung in Osaka, oft mit Unterstützung offizieller Institutionen wie der deutschen Botschaft in Tokio und dem Goethe-Institut in Kyoto.

Aus Japan konnten sich in Pforzheim nicht nur die Mitglieder der »Japan Jewellery Designers Association« in einer breit angelegten Ausstellung in Pforzheim präsentieren, durch die Yamahara-Kontakte war es auch gelungen, eine repräsentative Auswahl aus einer mehr als 3000 Exemplare umfassenden privaten Kollektion japanischen Haarschmucks aus mehreren Jahrhunderten im Schmuckmuseum Pforzheim zu zeigen.

Australien

In Australien waren es vornehmlich Darani Lewers und Helge Larsen, die die Kooperationen mit Sydney ermöglichten, und Wolf Wennrich in Melbourne, dem die mehrfache kulturelle Zusammenarbeit mit der National Gallery of Victoria zu verdanken ist. Die Möglichkeit, Schmuckstücke aus der Pforzheimer Sammlung in der National Gallery of Western Australia in Perth zu zeigen, ist der Vermittlung des australischen Künstlers Rex Keogh und den Kollegen in Melbourne zu verdanken. Doch auch kommerzielle Interessen spielten gelegentlich eine Rolle, als zum Beispiel die Pforzheimer Firma Henkel & Grosse in Sydney und Brisbane mit ihren Kollektionen auftrat und das Schmuckmuseum einen Beitrag zum Erfolg der Präsentation in zwei großen australischen Kaufhäusern leisten sollte. Auch eine Ausstellung im Bijenkorf-Kaufhaus in Amsterdam war letztlich von kommerziellen Interessen der Partner beeinflusst.

Europa und darüber hinaus

In vielen europäischen Städten war das Schmuckmuseum nicht nur mit Einzelleihgaben, sondern mit ausschließlich aus Pforzheimer Beständen zusammengestellten Ausstellungen präsent, so beispielsweise in Den Haag mit einer Auswahl aus der Pforzheimer Ringsammlung. Nicht zuletzt führten die Pforzheimer Städtepartnerschaften mit Saint Maur bei Paris, mit Vicenza in Oberitalien und mit Tschenstochau in Polen dazu, dass in der Villa Médicis in Saint Maur, im Palazzo Chiericati in Vicenza und in einem renovierten Jugendstilgebäude in Tschenstochau Schmuckstücke aus der Pforzheimer Sammlung zu sehen waren.

Die Jugendstilschmuck-Ausstellung im Musée des Beaux Arts in Nancy war durch die Initiative des dortigen Direktors des Goethe-Instituts zustande gekommen (ein großer Auftritt des damaligen Pforzheimer Oberbürgermeisters Joachim Becker!), während die Aktivitäten in den Niederlanden – in Den Haag (Gemeentemuseum) und in Amsterdam (Rijksmuseum, wo den zentralen Turm des Gebäudes als riesiger Blickfang eine Abbildung unserer "Oktopus und Schmetterling-Brosche" von Wilhelm Lucas von Cranach grüßte und auf die Ausstellung aufmerksam machte) – einerseits dem Amsterdamer Ehepaar Ida und Rom Boelen, andererseits den direkten Kontakten mit den dortigen Museumskollegen zu verdanken waren. Die jahrelange freundschaftliche Verbindung und enge Kooperation mit der Londoner Worshipful Company of Goldsmiths (vor allem mit Graham Hughes und Chris Walton) führte dazu, dass Pforzheimer Schätze in den prachtvollen Räumen der Goldsmiths' Hall gezeigt werden konnten.

Zwei Höhepunkte in diesen Aufgabebereichen des Schmuckmuseums Pforzheim waren die Gastspiele in Sankt Petersburg, wo im Russischen Museum für Ethnographie und in der Staatlichen Eremitage – jeweils als Gegenleistungen für Ausstellungen aus diesen beiden Museen im Schmuckmuseum – insgesamt drei Pforzheimer Ausstellungen stattgefunden haben, die alle von den jeweiligen Direktoren (Vladimir Grusman im RME und Mikhail Piotrovskij in der Eremitage) zusammen mit Joachim Becker eröffnet wurden. Auch die Ausstellung des Schmuckmuseums in Aberdeen klappte nicht so, wie es von unserer Seite erwünscht war; weder die Ausstellungsräumlichkeiten noch die Vitrinen und die Lichtverhältnisse entsprachen dem, was man uns versprochen hatte. Dagegen war die von Arie Ofir und Izika Gaon initiierte Ausstellung im Israel Museum in Jerusalem ein voller Erfolg.

Begonnen hatten solche Aktivitäten bereits in den 1960er Jahren, als Hermann Wahl Ausstellungsaustausch mit einigen deutschen Museen betrieb und als – zu Ende dieses Jahrzehnts – die fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Kunstgewerbemuseum Prag (Partnerin war hier die für Schmuck zuständige Kunsthistorikern Vera Vocacová) und dem Museum für Glas und Bijouterie in Jablonec nad Nisou (Museumsdirektor war damals Stanislaw Urban) begann, auf Initiative von Karl Schollmayer, der als Direktor der Kunst+Werkschule Pforzheim mit beiden Institutionen rege Kontakte pflegte.

Nicht zuletzt haben auch die Briefmarkeneditionen der Deutschen Post mit mehreren Motiven aus der Sammlung des Schmuckmuseums Pforzheim (u.a. waren der Schlangenarmreif und die barocke Agraffe nach Paul Birckenhultz auf Briefmarken abgebildet) dazu beigetragen, den Ruf des Schmuckmuseums zu festigen. Vielfältig und auch recht unterschiedlich waren die Aktivitäten, durch die das Schmuckmuseum Pforzheim seinen guten Ruf in vielen Teilen der Welt aufbauen konnte; bis heute kommt dies den vielen Aufgaben, die jetzt zu bewältigen sind, zugute.

Monsieur P., Mister M. und der Schlangenarmreif der Sarah B.

Paris im Jahre 1975

Wir waren bei dem deutsch-französischen Künstler- und Sammlerehepaar Barlach und Laurence Heuer, um die Ausstellung »ART DÉCO – Schmuck und Bücher aus Frankreich« vorzubereiten. Heuer, dessen Vorname darauf zurückzuführen ist, dass seine Eltern mit Ernst Barlach befreundet waren, besaß damals die wohl großartigste Schmucksammlung aus der Art-déco-Periode mit herausragenden Werken beispielsweise von Georges und Jean Fouquet, von Jean Dunand, von Gérard Sandoz, Gustave Miklos, Raymond Templier und manchen anderen. (Diese einzigartige Kollektion existiert heute nicht mehr, die Schmuckstücke sind inzwischen in alle Winde zerstreut – von manchen weiß man, wo sie sich befinden, viele andere gelten als » verschollen».)

Heuer schlug vor, am nächsten Tag seinen Freund, den Kunsthändler Michel Périnet in dessen Galerie in der Rue Casanova zu besuchen. Périnet zeigte uns Erstaunliches, Schmuckstücke von René Lalique und von anderen Größen des Art nouveau. Und er meinte, wenn wir am darauffolgenden Tag noch einmal zu ihm kommen wollten, würde er uns etwas ganz Besonderes zeigen. Wir besuchten ihn erneut, und sahen – Périnet hatte das Stück aus dem Safe seiner Bank speziell für uns herausgeholt – das bedeutendste Schmuckstück des Pariser Jugendstils überhaupt: Den Schlangenschmuck der Sarah Bernhardt. Es war ein unvergessliches Erlebnis, dieses Schmuckstück – wohl schon 1898 von dem aus Böhmen stammenden Künstler Alphonse Mucha für die berühmte Schauspielerin Sarah Bernhardt entworfen (Mucha hatte schon seit vielen Jahren die Plakate für Sarah Bernhardts Théatre de la Renaissance in Paris gestaltet und im "Medée"-Plakat von 1898 der Schauspielerin einen Schlangenschmuck um den linken Arm gelegt) – zu sehen. 1899 war der Armreif mit damit verbundenem Fingerring im Atelier des Georges Fouquet ausgeführt worden. Périnet war sichtlich stolz, dieses Kleinod zu besitzen, und er machte deutlich, sich niemals davon trennen zu wollen!

New York im Jahre 1985

Ein kurzer Aufenthalt in der Stadt, die niemals schläft, und ein kurzer Besuch in der Galerie Fred Leighton in der Madison Avenue. Parallele der Ereignisse. Murrey Mondschein, dem die Galerie gehörte (oder auch nicht?), fragte uns, ob wir nochmals zu ihm kommen wollten, er könne uns dann etwas ganz Außergewöhnliches zeigen. Am nächsten Tag sahen wir ihn wieder, den Schlangenschmuck der Sarah Bernhardt! Verblüfft erinnerten wir uns an Périnets Aussage, sich nie davon trenne zu wollen. Es war anders gekommen (Périnet bestätigte später auf Anfrage, dass er das Schmuckstück nicht mehr besitze!).

Mondschein bot es nun zu einem Preis, der weit über den Möglichkeiten des Schmuckmuseums Pforzheim lag. Aber es ließ uns keine Ruhe. Monika, meine damalige Frau, die schon bei Périnet dabeigewesen war, bestärkte mich schon auf dem Rückflug nach Deutschland, alles zu versuchen, um vielleicht doch einen Ankauf für das Pforzheimer Museum zu ermöglichen. Ich informierte den Oberbürgermeister Dr. Joachim Becker, der die Möglichkeit, den Schmuck vielleicht doch erwerben zu können, mittragen wollte und der versprach, sich seinerseits für die Beschaffung der nahezu 1.000.000 US-Dollar einzusetzen.

Private und öffentliche Mäzene, die Landesregierung Baden-Württemberg, die Stadt Pforzheim mit der Bereitstellung von Sondermitteln, alle hatten dazu beigetragen, dass nach fast neun Monaten andauernden Bemühungen die enorme Summe schließlich doch zur Verfügung stand.

Mit Mondschein waren wir die ganze Zeit in Kontakt geblieben: Der Bernhardt-Schmuck war in der Zwischenzeit nicht verkauft worden. Mit Freude und Stolz rief ich in New York an, als die Finanzierung gesichert war. Die Ehefrau des Herrn Mondschein zeigte sich am Telefon erfreut darüber, dass dieses Schmuckstück nun in die Sammlung des Schmuckmuseums Pforzheim gelangen könne; ihr Mann sei zur Zeit in Genf bei der Auktion der Juwelen der Herzogin von Windsor. Wenige Tage später – Mondschein war wieder in New York – erreichte uns ein Telegramm: »This piece is not available any more.«

In meinem Büro sitzend – ich gestehe es offen – konnte ich die Tränen nicht zurückhalten, aus Wut und Enttäuschung.

Die Genfer Versteigerung, von der Mondschein zurückgekommen war, hatte erstaunliche Ergebnisse gebracht: Der New Yorker Händler war demzufolge nun der Meinung, dass auch Sarahs Schmuckstück bei einer Auktion wesentlich mehr bringen könne als das, was er von uns gefordert hatte. Der Armreif mit dem Ring stand also nicht mehr zur Verfügung; Mondschein ließ nicht mit sich reden, nicht mit Joachim Becker, der noch am selben Tag, als das Telegramm angekommen war, mit ihm telefonierte: » Good morning Mr. Mondschein, this is Joe Becker, the mayor oft he City of Pforzheim in Germany.«

Es half alles nichts, auch nicht die juristische Intervention eines mit Dr. Walter Witzenmann, der damals Präsident der IHK Pforzheim gewesen war, befreundeten deutsch-amerikanischen Anwalts in New York. Everett Birch, ebenfalls Rechtsanwalt in New York und mein persönlicher Freund, schaltete sich ein und versuchte – sozusagen im Gespräch von Jude zu Jude! – Mondschein daran zu erinnern, dass es auch moralische Verpflichtungen gäbe. Vergeblich! Beide Anwälte rieten davon ab, gegen Mondschein zu klagen: Ein Prozess in Amerika könne sehr teuer werden und die Aussicht auf Erfolg sei sehr gering!

Genf im Jahre 1987

Bei Christie’s kam der Schmuck zur Versteigerung, begleitet von einer hervorragend gemachten Broschüre: Den Text hatte die Londoner Schmuckhistorikerin Vivienne Becker geschrieben. Wir hatten Kontakt mit dem Auktionshaus. Unser Partner war Frederick Schwarz, der dort für den Schmuck und im Besonderen für die Juwelen der europäischen Adelshäuser zuständig war. Pforzheim wollte mitsteigern, obwohl kaum mehr Mittel als zwei Jahre zuvor zur Verfügung standen. Wir hatten einen »Strohmann« in Genf, und Schwarz meinte noch am Vormittag des Versteigerungstages am Telefon, die Chancen seien gar nicht so schlecht, da die professionellen Händler sich wohl scheuten, solche – über ihre Banken zu finanzierende – Beträge einzusetzen.

Am Nachmittag aber meldete sich Schwarz erneut: Eine Telefonleitung aus Japan sei direkt geschaltet worden, und den Japanern sei alles zuzutrauen. So kam es dann auch: Unser »Strohmann« rief gegen 22 Uhr auf unserem privaten Telefon an und teilte uns mit, das Schmuckstück sei über einen Mittelsmann telefonisch anonym ersteigert worden. Unser Partner nannte auch die erzielte Summe, sie war so hoch, dass wir nie und nimmer hätten mithalten können. Der Traum vom Schlangenarmreif der Sarah B. war erneut geplatzt.

Pforzheim in den Jahren 1998/99

Wir waren damit beschäftigt, die Ausstellung vorzubereiten, die den Arbeitstitel »Lalique & Co.« trug und in der »rund um Lalique« sieben seiner schmuckkünstlerischen Zeitgenossen zusammen mit ihm vorgestellt werden sollten. Aus Berlin war dabei Wilhelm Lucas von Cranach, aus Brüssel Philippe Wolfers, aus Barcelona Lluis Masriera, aus Paris Lucien Gaillard, Léopold Gautrait, die Maison Vever und natürlich Georges Fouquet. Das Musée du Petit Palais in Paris war großzügigerweise bereit, seine schönsten Stücke aus der Fouquet-Werkstatt als Leihgaben zur Verfügung zu stellen, aus Lissabon von der Gulbenkian-Stiftung kamen einige der feinsten Stücke von Lalique.

Und doch plagte uns die Frage und der Wunsch, ob es nicht doch möglich wäre, das Mucha-Fouquet-Bernhardt-Kleinod zumindest für einige Wochen im Schmuckmuseum Pforzheim zeigen zu können. Der Versuch scheiterte, Christie’s (Frederick Schwarz) wusste noch immer nicht (oder durfte es uns nicht mitteilen), wo es sich befindet. Erneut konnte ein – wenn auch sehr viel bescheidener angesetzter Traum – nicht verwirklicht werden.

Osaka im Jahre 2003

In Osaka fand – organisiert von der Londoner Schmuckhistorikerin Diana Scarisbrick und dem japanischen Händler und Sammler Kazumi Arikawa, mit denen ich seit vielen Jahren bekannt war – eine groß angelegte Schmuckausstellung statt. Das Schmuckmuseum Pforzheim war gebeten worden, sich mit einigen Leihgaben aus seiner Sammlung an dieser Ausstellung zu beteiligen. Ich flog als Kurier nach Japan und brachte unsere Stücke an einem Vormittag in den Ausstellungsraum, wo die Auf- und Einbauten gerade im Gange waren.

Und da war er wieder!!! Sehr dekorativ – so, wie die Japaner es lieben – lag mein Traum vor meinen Augen, faszinierend wie eh und je, ganz nahe und doch so unendlich fern. Er gehörte, so erfuhr ich, einem japanischen Geschäftsmann, der eine Alphonse-Mucha-Sammlung aufgebaut und das Schmuckstück als Krönung in sein privates Museum integriert hatte. Erinnerungen an die erfolgslosen Bemühungen von damals mischten sich mit Freude und Trauer zugleich. Aus Paris stammend, über New York und Genf war diese Kostbarkeit schließlich nach Japan gekommen. Das ursprünglich private Mucha-Museum gehört heute der Stadt Sakai im Großraum von Osaka.

Paris im Jahre 2004

Eine der letzten offiziellen Reisen als Leiter des Schmuckmuseums fand im Januar 2004 statt. Die Pforzheimer Werner-Wild-Stiftung hatte beschlossen, dem Schmuckmuseum aus Anlass meines Ausscheidens aus dem Amt ein besonderes Geschenkt zu machen: Zwei goldgerahmte Porträtmedaillons aus der Barockzeit, die sich ausgezeichnet in die Museumssammlung einfügen ließen. Ich holte diese Stücke bei der international hochgeschätzten Galerie J. Kugel in der Rue Faubourg Saint Honoré ab.

Dreißig Jahre zuvor war Michel Périnet in der Rue Casanova gewesen, vor langer Zeit war er mit seiner Galerie auch in die Faubourg Saint Honoré umgezogen – nur wenige Meter schräg gegenüber von Kugel. Ich ging hinein, traf dort eine ältere Dame, der ich erzählte, Monsieur Périnet habe mir vor vielen Jahren einmal das berühmte Sarah-Bernhardt-Schmuckstück gezeigt. Nachdem es lange Zeit sozusagen »verschollen« gewesen sei, wisse ich nun, wo es sich befände. Die Dame war Périnets Schwester; er selbst, so sagte sie mir, sei nur noch ganz selten in Paris und man denke daran, die Galerie bald endgültig zu schließen. Ich bat sie noch, ihren Bruder zu grüßen, holte die Stücke bei Kugel ab und fuhr mit dem Zug nach Pforzheim zurück.

Pforzheim im Jahre 2004

Nur wenige Tage nach der Rückkehr aus Paris erreichte uns eine E-Mail aus New York. Professor Kenneth E. Silver bereitete gerade eine Ausstellung für das Jewish Museum New York vor, die dort im Jahre 2005 stattfinden sollte: »Sarah Bernhardt – The Art of High Drama«. Silver hatte von Michel Périnet erfahren, dass ich den gegenwärtigen Standort des berühmten Schmuckstücks kenne (so schnell funktionierte die Kommunikation von Paris nach New York!), und er bat mich, nach Möglichkeit die Kontakte herzustellen. Kazumi Arikawa wurde eingeschaltet, durch dessen erfolgreiche Vermittlung das Stück, das einhundert Jahre zuvor der extravaganten Diva gehört hatte, erstmals in Amerika ausgestellt werden konnte.

Pforzheim im Jahre 2011

Das Schmuckmuseum Pforzheim im Reuchlinhaus war 1961 eröffnet worden. Das 50-jährige Bestehen sollte mit einer besonderen Ausstellung gebührend gefeiert werden. Cornelie Holzach, seit 2005 Leiterin des Schmuckmuseums, bat mich, zusammen mit ihr und ihren Mitarbeiterinnen das Jubiläumsprojekt vorzubereiten. Wir hatten uns sehr schnell dahingehend geeinigt, der Schlange als Schmuckmotiv unsere Aufmerksamkeit zu widmen. Die Vorarbeiten wurden begonnen für die Ausstellung »Serpentina – die Schlange im Schmuck der Welt«, die dann im November des Jahres 2011 feierlich eröffnet wurde.

Anlass für die Wahl dieses Themas war die Tatsache, dass das Pforzheimer Spezialmuseum selbst eine Reihe bedeutender Schlangen-Schmuckstücke besitzt, aus der antik-hellenistischen Zeit ebenso wie aus dem 19. Jahrhundert, aus der Epoche von Jugendstil und Art nouveau und aus der klassischen Moderne. Die »Namenspatronin« Serpentina ist eine literarische Gestalt von E.T.A. Hoffmann aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wo sie in der Geschichte vom »Goldnen Topf« mal als Schlange, mal als junge Frau in Erscheinung tritt.

Eine Ausstellung mit Schlangen im Schmuck! Ohne den Arm- und Fingerschmuck der Sarah Bernhardt nahezu unvorstellbar! Wieder wurde Kazumi Arikawa eingeschaltet, hatte er es doch bewirkt, dass diese einzigartige Kostbarkeit einige Jahre zuvor in New York gezeigt worden war. Auch für ihn war es jedoch nicht einfach, die Verantwortlichen in Sakai City davon zu überzeugen, dass Sarahs Schmuck auch in Pforzheim ausgestellt werden solle. Bis zuletzt zitterten wir in Pforzheim, hin- und hergerissen zwischen großer Hoffnung und bitterer Enttäuschung.

Und dann geschah es doch: In Begleitung zweier Herren aus Japan und eines Mitarbeiters eines Kunsttransportunternehmens wurde wenige Tage vor der »Serpentina«-Eröffnung die Zollplombe von dem Spezialkoffer gelöst, der Deckel geöffnet, und schließlich kam der Schmuck zum Vorschein. Von den Japanern selbst in die Vitrine platziert (auf schwarzem Samt und sorgfältig ausgeleuchtet, um die Einzigartigkeit des Gegenstandes auch richtig zur Geltung zu bringen), war Sarah Bernhardts Schmuck – der kostbarste Schlangenschmuck der Welt – zumindest für drei Monate nach Pforzheim gekommen, wo er zweifellos die größte Attraktion der "Serpentina"war. Aber eben nur für drei Monate. Die Herren aus Japan kamen wieder, nahmen den Schmuck aus der Vitrine, verpackten ihn sorgfältig wieder mit einer Plombe, die Herren verließen das Schmuckmuseum und machten sich auf die Heimreise. Ein großer Traum, den Sarah-Bernhardt-Schmuck im Jahre 1987 für immer nach Pforzheim zu holen, war damals gescheitert.

Ein kleiner Traum, ihn zumindest für einige Wochen in einer Vitrine des Schmuckmuseums Tag für Tag bewundern zu können, war wahr geworden. Immerhin!

Fritz Falk, um 2011/12

Popows größter Schatz im Tresor des Schmuckmuseums

Pforzheim, 5. März 2009: Vor 20 Jahren war die Mütze von Clown Oleg Popow im Schmuckmuseum Pforzheim ausgestellt. Seinerzeit waren zwölf Prominente darum gebeten worden, ein Lieblingsstück von sich auszustellen; ein Stück, das ihnen etwas Besonderes bedeutet.  Im Gegenzug entwarf ein Schmuckkünstler ein ganz individuelles Schmuckstück, ein Unikat für sie. Beides wurde 1989 im »Schatzhügel« der »Ornamenta I – Internationale Ausstellung zeitgenössischer Schmuckkunst« ausgestellt.

»Das Lieblingsstück von Oleg Popow haben wir seither im Schmuckmuseum sorgsam aufbewahrt: Seine Mütze. Diese hatte er zuvor während einer mehrmonatigen Deutschlandtournee täglich getragen«, erläutert der damalige Museumsleiter Dr. Fritz Falk. Mit der Mütze stattete er Oleg Popow im Russischen Staatszirkus einen Besuch ab – und die unterscheidet sich von der heutigen Mütze des Clowns bis aufs Alter nur in der Farbe der Zierblüte. Sie ist offensichtlich das Lieblingsstück des Clowns geblieben - wie hier zu sehen, als der ehemalige Museumsleiter Popow bei einem Gastspiel 2009 in Pforzheim einen Besuch abstattete.

Fritz' Faible für Kamele

Fritz Falk mochte Kamele in jeglicher Ausführung, ob als Figur, als Schmuck oder als Ausstechform zum Backen. So hat er neben Schmuck auch Kamele gesammelt – und dem Team des Schmuckmuseums an einem Tag im Sommer 2017 eine Linzertorte mit Kamelen als Zier vorbeigebracht. Denn gebacken hat er in seinem »Unruhestand« auch.

Als Rezept der Linzertorte hatte er übrigens notiert: 125 g Mehl, 125 g Zucker, 125 g Mandeln, ¼ TL Zimt, ½ Msp. Nelkenpulver, 1 Ei, 125 g Butter, Johannisbeermarmelade.